In Teufels Küche. Dank Reformation.
"Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen." (EG 362.3, Martin Luther 1529) "Will Satan mich verschlingen, so lass die Englein singen: `Dies Kind soll unverletzet sein´." (EG 477.8, Paul Gerhardt 1647) In die sprichwörtliche Küche des Teufels kommt, wer befürchten muß, in große Schwierigkeiten zu geraten. Obwohl die Bibel auffallend selten und ausgesprochen zurückhaltend von einem Gegenspieler Gottes erzählt, war Martin Luther die Rede vom Teufel absolut geläufig, sein Tintenfaßwurf nach ihm legendär. In seiner Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam spricht Luther vom Menschen als einem "Reittier", das sich nicht aussuchen kann, von wem es geritten wird: von Gott oder vom Teufel. Manche Biographen gehen sogar so weit, Luther insgesamt als einen Menschen "zwischen Gott und Teufel" zu charakterisieren. Womöglich diente dem Reformator die Figur des Teufels zur eigenen Psychohygiene; auf ihn konnte er alles Belastende schieben: Depression und Wut, Glaubenszweifel und Angst, Traurigkeit und Gewalterfahrungen. Insofern erleben bis heute manche Menschen die Vorstellung vom Teufel als entlastend. Sie bietet zudem eine auf den ersten Blick verständliche Erklärung für die manchmal wie von außen hereinbrechende Macht des Bösen: Was - gedanklich gesehen - einfach nicht von Gott kommen darf, muß des Teufels sein. Dass indes die Rede vom Teufel direkt in dessen Küche führt, weil sie auf den zweiten Blick womöglich mehr und weitaus schwerwiegendere Fragen aufwirft als beantwortet, steht freilich auf einem anderen Blatt. Johannes Ahrens |