Du bist Papst. Dank Reformation.
Sie erinnern sich? Papst Benedikt XVI. ist gewählt und die BILD-Zeitung titelt "WIR SIND PAPST!" (2005) Diesmal hatte sie recht. Zwar wohl nicht so wie sie es meinte, weil nun ein Deutscher auf dem Heiligen Stuhl saß, sondern weil wir, d.h. jede einzelne und jeder einzelne von uns seit der Reformation anerkanntermaßen in Glaubensdingen für sich selbst eintreten kann und muss. Wir Evangelischen können uns da nicht durch jemanden vertreten lassen. Der "Wahrheit" in Glaubensdingen gehen wir gemeinschaftlich erkundet und persönlich verantwortet auf den Grund. Ingo Gutzmann »Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht sei, obwohl es nicht einem jeglichen ziemt, solch Amt auszuüben.“ So schreibt der Reformator 1520 in seiner Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“. Und er erklärt kurz und bündig, dass „wir alle gleichmäßig Priester sind“. Unabhängig vom Rang in der kirchlichen Hierarchie, so sein Votum, kommt allen Getauften eine Mitverantwortung für die Sache Jesu zu.
Die Aufwertung der Gemeindeglieder ist keine Erfindung Martin Luthers, sondern ergibt sich zum Beispiel auch aus dem 1. Petrusbrief. Dort steht: „Ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht“ (1 Petrus 2,5.9). Der Evangelische Erwachsenenkatechismus schreibt dazu: „Weil das Recht, priesterlich vor Gott zu treten, in der Taufe gründet, kann man vom »Priestertum aller Getauften« sprechen; weil dieses Recht im Glauben in Anspruch genommen wird, kann man vom »Priestertum aller Gläubigen« sprechen.“ Dazu noch einmal im Original-Ton Martin Luther: „Überdies sind wir Priester, das ist noch viel mehr, denn König sein, darum, dass das Priestertum uns würdig macht, vor Gott zu treten und für andere zu bitten. Denn vor Gottes Augen zu stehn und zu bitten, gebührt niemand denn den Priestern. Also hat uns Christus erworben, dass wir können geistlich voreinander treten und bitten, wie ein Priester vor das Volk leiblich tritt und bittet. Wer kann nun ausdenken die Ehre und Höhe eines Christenmenschen? Durch sein Königreich ist er aller Dinge mächtig, durch sein Priestertum ist er Gottes mächtig, denn Gott tut, was er bittet und will, wie da geschrieben steht im Psalter: ›Gott tut den Willen derer, die ihn fürchten und erhöret ihr Gebet‹, zu welchen Ehren er nur allein durch den Glauben und durch kein Werk kommt.“ Eduard Kopp, in: Chrismon https://chrismon.evangelisch.de/priestertum |